Stoffwindeln selber nähen ist möglich

Stoffwindeln selber nähen: lohnt sich das? Ist das nicht zu aufwändig und zu teuer?

Stoffwindeln selber nähen ist gar nicht so schwer. Es kommt natürlich etwas darauf an wie gut deine Nähkenntnisse sind und vor allem: woran wagst du dich am Anfang?

Möchtest Du gleich eine Komplettwindel nähen (eine saugende Windel mit einer fest vernähten Überhose) oder nur eine sogenannte Höschenwindel (nur die saugende Windel) oder startest du ganz vorsichtig mit zusätzlichen Saugeinlagen?

Und warum überhaupt Stoffwindeln oder Saugeinlagen selber anfertigen? Die gibt es doch auch fertig zu kaufen. Das Selbernähen hat eben (wie oft beim Selbermachen) einige unschlagbare Vorteile und darum soll es in diesem Blobgeitrag gehen:

1. Kosten:

Die Erstanschaffung von Stoffwindeln ist auf jeden Fall ein Einschnitt in das Familienbudget. Stoffwindeln lohnen sich auf jeden Fall “in the long run” aber erstmal sind sie teuer. Natürlich gibt es einige Möglichkeiten zu sparen wie z. B.:

  • ein einfaches Windelsystem wie Mullwindeln oder Prefold mit Überhose nutzen
  • gut erhaltende Stoffwindeln kaufen
  • sich rechtzeitig bei Rabattaktionen der Windelshops eindecken. Und auch Stoffwindeln selber machen.
    Dies lohnt sich vor allem bei den Saugeinlagen. Hier lässt sich am wenigsten “falsch” machen, es werden keine Gummis, Klett- oder Knopfverschlüsse benötigt und oft kannst du die Saugeinlagen aus Stoffen nähen, die du selber sowieso schon zuhause hast.
    Je nachdem aus welchem Stoff du eine Windel oder Saugeinlage nähen möchtest, wirst du erhebliche Preisunterschiede feststellen. Die gibt es aber auch bei den fertig genähten, kaufbaren Windeln / Einlagen.

Günstige Stoffe sind:

  • Molton, Flanell oder Fleece aus Baumwolle oder Viskose (meist Bambusviskose).
  • Günstige Stoffe für Überhosen sind Mikrofaserfleecestoffe (wie die Pullover).
  • Etwas teurer ist Hanf mit einer Beimischung aus Baumwolle oder Bambus ist schon teurer - allerdings lohnt es sich sehr die Hanfeinlagen selber zu nähen.
  • Teuer sind PUL Stoffe und Wolle: wenn du schon Näherfahrung hast, dann lohnt es sich aber auch mit diesen Stoffen Windeln und Überhosen zu nähen. Stoffe aus Bio-Baumwolle und eventuell noch mit einem GOTS Zertifikat sind oft teurer als die aus konventioneller Baumwolle.

2. Nachhaltigkeit:

Und so kommen wir zum nächsten Punkt: wenn Du Stoffreste oder nicht gebrauchte Handtücher oder alte Bettwäsche verwenden kannst, dann sparst du nicht nur Geld sondern handelst auch sehr nachhaltig.
Oft sind die Großeltern oder Verwandten auch sehr froh wenn sie aus ihren Vorräten Stoffe wie Handtücher oder Bettwäsche abgeben können (noch gibt es die Generationen die damit extrem gut ausgestattet sind.) Und auch viele Kleiderkammern geben günstig Bett- und Haushaltswäsche ab.
Ein Tipp für das Nähen einer Überhose: verfilzte Pullover aus reiner Wolle eignen sich sehr gut für Überhosen. Du kannst auch Überhosen aus Mikrofaserfleece nähen. Auch hier lassen sich gut gebrauchte Pullover oder Jacken verwenden.
Ein weiterer Vorteil ist, dass gebrauchte Handtücher oder Bettwäsche schon mehrmals gewaschen wurde. Hier sind eventuelle Farbstoffreste oder Schadstoffe ausgewaschen. Und die Stoffe saugen gut auf - das ist ja bei neuen Stoffwindeln oft noch nicht der Fall.
Allerdings solltest du bei den zu vernähenden Stoffen auf ein paar Kleinigkeiten achten - dazu gibt es noch weiter unten ein paar Punkte.

3. Individuelle Größe und Gestaltung der Stoffwindel

Wenn du die Stoffwindel oder Saugeinlage selber nähst, dann entscheidest du über die Länge, die Breite, die Dicke. Du entscheidest auch selber über die Zusammensetzung der Stoffe (Hanf und Baumwolle? Bambus und Hanf? Frotte und Mull?). Du kannst nach den ersten Versuchen die Stoffwindel selber an die Figur deines Kindes individuell anpassen: lieber mehr Breite im Schrittbereich? Muss das Vorderteil vielleicht etwas höher gezogen werden? Die Position der Knöpfe - schräg, gerade, wie viele?
Am Anfang wirst du auch noch nicht sofort die passende, perfekte Stoffwindel nähen - aber mit der Zeit und etwas Übung findest du bald die optimale Form, Dicke usw.

4. Upcycling und Reparieren (alter) Stoffwindeln

Du hast zur Geburt jede Menge Mullwindeln oder Spuchtücher bekommen und brauchst die gar nicht? Dann kannst du daraus Prefolds nähen oder Saugeinlagen. Einfach nur übereinanderlegen und vernähen - fertig.
Oft lohnt es sich auch eine defekte Stoffwindel zu reparieren. Das spart auch Geld und es muss nicht wieder nach einer neuen Windel oder Überhose gesucht werden. Manchmal reicht es z. B. aus bei einer Wollklettüberhose nur eine lose Wolleinlage einzulegen - oder aber sie fest einzunähen. Das ist gar nicht so schwer. Oder aber ein kleines Löchlein mit Wollfaden zu stopfen. Eventuell stickst du ein Blümchen in anderer Garnfarbe drauf, dann sieht es auch noch gleich optisch aufgewertet aus.
Gummibündchen sind immer Schwachstellen - an jedem Bekleidungsstück. In den meisten Fällen kannst Du selber die Gummis austauschen. Hierzu gibt es auch viele gute Tipps und Tricks im Internet zu finden. Sehr zu empfehlen ist auch die Stoffwindelwerkstatt. Hier kannst du auch deine defekten Stoffwindel zur Reparatur hinschicken. Susanne hat mittlerweile viel Erfahrung mit Stoffwindeln unterschiedlicher Marken gemacht. Der Reparaturservice wird sehr gerne auch für seltene Windeln angenommen - also Windeln die super passen aber die Bündchen sind ausgeleiert oder die PUl Schicht ist nicht mehr dicht. Susanne gibt auf ihrem Instagram Account auch Tipps zum selber reparieren.

5. Individuelle Einzelstücke

Als Selbernäherin weißt du ja: du schaffst dir ein ganz eigenes Einzelstück. Du verbindest gerade mit den schwierigen Stellen Erinnerungen, du kannst Stoffreste verwenden die du schon für ein anderes Projekt verwendest hast und knüpfst vielleicht an einer bestimmte Geschichte an. Hast du ein Shirt von einem bestimmten Festival das schon ziemlich alt ist? Warum das nicht als Teil einer Windel oder eines Waschlappens verwenden? Bettwäsche aus deiner Kindheit, Handtücher mit Blümchenmuster von der Oma, und viele, viels mehr.

Welche Stoffe lassen sich gut vernähen?

Für Stoffwindeln werden unterschiedliche Arten von Stoffe benötigt:
Für die saugende Windel oder die Saugeinlagen benötigst du Stoffe die Feuchtigkeit gut aufsaugen und gut speichern.
Ideal sind Stoffe aus Naturfasern wie

  • Baumwolle
  • Viskose oder Lyocell
  • Hanf,
  • aber auch Leinen oder Flachs.
    Es gibt auch die Möglichkeit Stoffe aus Polyester zu nutzen, da kommt es aber sehr stark auf die Verarbeitung des Stoffes an. Ein Stoff aus Polyester kann genutzt werden wenn er nicht zu glatt ist, wenn es z. B. ein kurzfloriger Mikrofaserfleece ist. Dann wird dieser Stoff gerne als Innenfutter für die Windel verwendet, darunter liegen saugende Stoffe aus z. B. Baumwolle. Das Mikrofaserfleece leitet den Urin weiter und hält so die Haut etwas trockener. Manche Menschen kommen damit sehr gut zurecht, andere vertragen das aber nicht. Manchmal werden auch Frotteestoffe aus Polyester zwischen Stoffe aus Bambusvikose oder Baumwolle gelegt. So kann recht viel an Urin im Polyester-Saugkern gespeichert werden.
    Ob du einen Frotteestoff, Fleecestoff, Molton, Jersey, etc. wählst hängt von deinen Stoffvorräten und deinen Wünschen ab. Mehr über die unterschiedlichen Stoffe und Verarbeitungen findest du im Shop. 1bis3.de-Stoffe und Nähzubehör

Als Nässeschutz für die Überhose (bzw. bei einer Komplettwindeln die äußeren Hülle) kannst du wählen zwischen:

  • Reiner Wolle: bitte ohne Kunstfasern oder anderen Beimischungen.
  • Mikrofaserfleece (wie die Pullover)
  • oder aber mit Polyurethan beschichtete Stoffe PUL Stoffe. (Es gibt auch Alternativen zu den Beschichtungen, die sind jedoch aktuell kaum im Einzelhandel erhältlich). PUL Stoffe sind nicht so einfach zu bekommen, es ist auch für meinen Shop nicht einfach hier zuverlässige Lieferanten in Europa zu finden. Doch das Angebot wächst: PUL-Stoffe bei 1bis3.de

Darauf solltest Du bei der Stoffauswahl achten:

  • Ich empfehle dir Stoffe möglichst ohne Kunstfasern zu verwenden. Bei Frotteestoffen ist der Polyesteranteil im sogenannten Grundgewebe und darauf sind die Frotteeschlingen aus Baumwolle oder Viskose aufgebracht. Da stört das überhaupt nicht. Aber ein Wollstoff mit Polyesteranteil eignet sich nicht als Nässeschutz. Oder ein Flanell aus Baumwolle und Polyester ist ebenfalls nicht sehr gut dafür geeignet.
  • Wenn du gebrauchte Frottestoffe wie Handtücher nutzen möchtest dann sollten diese nicht zu fadenscheinig sein. Achte darauf, dass das Handtuch noch schön dick und das Gewebe noch nicht erkennbar ist. Dann saugt der Stoff noch gut auf. Das gleich gilt für Bettwäsche: wenn die gebrauchte Bettwäsche schon reisst, dann ist sie schon alt und die Fäden einfach zu strapaziert. Daraus lassen sich noch ganz gut Waschlappen nähen oder einfache Einlagen.
  • Gebrauchte Handtücher / Bettwäsche die mit Weichspüler gewaschen wurden saugen den Urin schlecht auf. Diese Stoffe erstmal ein paarmal gut durchwaschen, damit die Reste vom Weichspüler auch wirklich ausgespült werden. Weichspüler legt sich wie ein Film auf die Fasern und macht sie somit glatt und glänzend. Allerdings vermindert sich durch diesen Film die Saugfähigkeit des Stoffes.

Du siehst also: Stoffwindeln selber nähen kann dir Geld einsparen und du kannst eventuell auf vorhandenes Material zurückgreifen. Du kannst ganz genau die Größen und Materialmixe bestimmen die du möchtest und benötigst und vor allem: du hast individuelle Einzelstücke mit denen du auch eine Geschichte und Erinnerung verbindest.

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